Freitag, 12. August 2011

Neues aus der Reiseforschung


Wer kennt nicht dieses Phänomen: An einem größeren Bahnhof fährt ein Zug ein. Man sieht ihn schon von Weiten. Die bisher locker wartenden Reisenden auf dem Bahnsteig klammern sich an ihre Koffer. Die ersten gehen Schritte vor an die Bahnsteigkante, die weiße Linie beachtend wie ein Sprinter am Start. Nervös gehen die Blicke von links nach rechts. Immer wieder hört man die Frage, ob man richtig stehe.
Kaum hält der Zug verschiebt sich der Pulk zu den Türen. Eine Traube bildet sich direkt davor und nun steht man vor der drängenden Frage: Wie kommt man als erster in den Zug?

Das Problem: Meist steht man als Berufspendler auch an der Tür. Leider auf der anderen Seite, denn man möchte aussteigen. So entsteht Stau und im Gedränge bewegt sich fast nichts.

Liegt dieses Phänomen aber nur an der Unerfahrenheit der Gelegenheitsreisenden? Warum können Reisende aber nicht warten bis alle aus dem Zug ausgestiegen sind?

Ich bemühe mich um eine psychologische Herangehensweise.
Die Erwartungen des Reisenden sind die, dass er einen langen Weg vor sich hat und gemütlich sitzen möchte. Dabei ist bei einer Gruppe von mindestens zwei Personen immer gewollt zusammen zu sitzen; möglichst auf einen 4er-Sitz. Diese sind aber selten in Zügen und auch oftmals mit Taschen belegt. Im Vorbeifahren kann man diese Plätze der Begierde schon sehen, legt sich auf sein Ziel fest. Aber man weiß als schlauer Reisender: Die anderen wollen da wahrscheinlich auch hin. Demnach braucht man eine gute Startposition und einen Vorteil. Dieser Vorteil ist der Frühstart. Im Sport eine Aktion, die mit einer Zeitstrafe oder mit der Disqualifikation geahndet wird. Doch die Schiedsrichter bei der Deutschen Bahn haben andere Aufgaben und sind nicht mit der dafür notwendigen Technik ausgerüstet.
In der kurzen Zeit setzt bei dem Reisenden das Gefühl für Anstand aus. Nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht stürmt er voran. Ein paar verpasste Ellenbogen bei den Aussteigenden sind da einkalkuliert. Hat man dann den Platz erreicht, macht sich das Gefühl der Erleichterung breit. Ziel erreicht und der Adrenalinspiegel sinkt.

Wie kann man aber solchem Gelegenheitsreisenden begegnen?
Das Prinzip Anschreien funktioniert nicht, da der Gelegenheitsreisende blockiert ist. Er ist auf sein Ziel fixiert und will dieses erreichen. Auch das Behindern wird mit leichter Gewalt beantwortet.
Bisher liefen meine Versuche ins Leere, aber ich bin für Vorschläge offen.

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